Der Notiz-Blog, der sich gewaschen hat

Grenz(land)erfahrungen – Die Kammloipe als touristisches Ziel

Mit etwa 36 Kilometern ist die Kammloipe einer der längsten Ski-Langlaufrouten in Deutschland. Normalerweise braucht man 2 Tage für die Strecke, doch selbstverständlich lässt sich das Unterfangen auch in wenigen Stunden absolvieren.  Zwischen Schöneck im Vogtland und Johanngeorgenstadt im westlichen Erzgebirge verläuft die Loipe teils direkt an der tschechischen Grenze entlang. Die Vogtlandbahn bietet mit dem Haltepunkt Schöneck-Ferienpark eine nahezu ideale Anreisemöglichkeit von Zwickau und Plauen ganz nah am Loipenbeginn; und die Erzgebirgsbahn fährt von Johanngeorgenstadt in einer guten Stunde nach Zwickau zurück. Hier befindet sich das Loipenende oberhalb der Stadt, so dass man knapp zwei Kilometer bis zum Bus (Nr. 346, Halt am Platz des Bergmannes) in Richtung (Grenz-)Bahnhof laufen muss. Doch nach einer Langlauftour tun ein paar Schritte zu Fuß nur gut.  Auf etwa der Hälfte der Gesamtstrecke ist die Haltestelle Mühlleiten-Kammweg ein geeignetes (Etappen-)Ziel, um in einer guten halben Stunde mit dem Bus (Nr. 20) zum Bahnhof Auerbach (unterer Bahnhof) oder in der Gegenrichtung in ca. 15 Minuten nach Klingenthal zu kommen.  Von beiden Orten fährt die Vogtlandbahn wieder nach Plauen und nach Zwickau, wo Umsteigemöglichkeiten nach Hof bzw. Dresden bestehen. Es sei darauf hingewiesen, dass diese wichtige Busverbindung am Wochenende nur im 2-Stunden-Takt verkehrt!

Diese etwas drögen Informationen helfen bei der Planung, und doch würden die wenigsten ohne Auto anreisen. Wenn man nach dem Sport müde in der Kälte und so gut wie k.o. noch auf Fahrpläne achten muss, ist das kein Zuckerschlecken. 2019 befuhr ich im Januar den ca. 18 km langen Abschnitt Schöneck-Aschberg (etwa zwei Kilometer hinter Mühlleiten gibt es eine kurze Anschlussloipe zum Aschberg, dessen Gipfel auf tschechischer Seite liegt) und im Februar den Abschnitt Mühlleiten-Johanngeorgenstadt. Gut, dass ich mich zuvor gründlich auf den spärlichen Nahverkehr in der Region (gerade am Wochenende) eingestellt hatte. Ich weiß noch genau, dass der Fußweg hinunter vom Aschberg (dort oben gibt es eine Jugendherberge!) zur Bushaltestelle in der Ortsmitte (die Linie 30 bietet Anschluss zum Bahnhof Klingenthal) leicht verwegen war, denn der Höhenunterschied war beträchtlich, und wenn man den Bus nicht erreicht, hat man (fast) Pech gehabt. Um Wegstrecke zu sparen, spurte ich mich zunächst querfeldein auf Skiern hinunter, und den letzten Kilometer zu Fuß musste ich auf der schlecht geräumten Aschbergstraße bis zur Haltestelle recht zügig hinablaufen, um den Bus noch zu erwischen.  Sonst hätte ich zwei Stunden warten müssen! Immerhin hätte ich eine Gaststätte aufsuchen können, was im Winter 2020/21 unmöglich ist.  Wenn gastronomische Einrichtungen geschlossen sind, ist das Warten bei Minustemperaturen alles andere als eine gesunde Alternative. 2019 ließen mich jedenfalls Bus und Zug nicht hängen.

Es zeigt sich, dass eine sportliche Unternehmung schon an der Wohnungstür anfängt und auch erst dort aufhört. Die Kammloipe selbst verdankt ihre Länge auch der Topographie, die eigentlich über dem Kamm kaum tiefere Einschnitte kennt. Nur kurz hinter dem Abzweig zum Aschberg gibt es in beiden Richtungen eine kurze steile Passage hinab bzw. hinauf. Ansonsten sind die Steigungen mäßig, doch teils auch recht zäh. Immerhin steigt die Loipe von ca. 700 m bei Schöneck auf mehr als 900 m ca. 10 km vor Johanngeorgenstadt an, ohne danach wieder bedeutend an Höhe zu verlieren. So ist es natürlich leichter, von Osten nach Westen zu fahren….

Viele Waldabschnitte geben der Loipe nicht unbedingt einen malerischen Charakter, doch man kommt  – gerade wenn nicht allzu viel Betrieb herrscht – auf seine Kosten. Einen halben Tag auf der Loipe zu verbringen reicht aus, um einem begeisterten Langläufer Erfüllung zu schenken. Unbedingt mitnehmen sollte man den einzigen richtigen Ausblick vom Schneckenstein aus, der von Schöneck aus nach ca. zehn Kilometern erreicht wird und von der Loipe aus nicht zu übersehen ist. Mit Skiern kommt man recht leicht hinauf; Der Fernblick reicht weit bis nach Tschechien. Die folgenden Einblicke sind jedoch eher erzgebirgstypisch:

Kammloipe
Kammloipe bei Mühlleiten (Blick Richtung Westen)
Kammloipe
Kammloipe bei Mühlleiten im Erzgebirge (Blick Richtung Osten)

Anfang der 90er Jahre wurde die Kammloipe dank einer privaten Initiative ins Leben gerufen. Es ist bemerkenswert, wie leidenschaftlich einige wenige Enthusiasten über all die Jahre hinweg die Loipe am Leben halten. Während im Winter 2019/20 Schneemangel herrschte, war 2020/21 die Kammloipe lange offiziell nur für Einheimische (Stichwort: 15km-Radius) geöffnet. Ein Langläufer aus Carlsfeld berichtete mir im Februar 2021, dass die Loipe in diesem Winter nur dank des Engagements eines erzgebirgischen Landtagsabgeordneten überhaupt gespurt wurde.  Und ganz nebenbei wurden die eigentlich auf der Strecke unsichtbaren Landkreisgrenzen wieder relevant, als die vermaledeite Covid-19-Inzidenzzahl im Spätwinter im Vogtlandkreis deutlich über 200 betrug und somit dieser Loipenabschnitt auch für Bewohner des Erzgebirgskreises tabu war. Ich als Zwickauer Bürger musste darauf achten, dass ich bei der Anfahrt (diesmal mit dem Auto) elegant am Vogtlandkreis vorbeifuhr, da es laut sächsischem Sozialministerium keine „Transitfestlegungen in den Landkreisen“ gebe, wie ich den mdr-Nachrichten entnahm. Noch immer frage ich mich, ob ich überhaupt an jenem 24.02. bei Carlsfeld im Westerzgebirge auf der Loipe fahren durfte, da ein weiterer Passus besagte, das sportliche Aktivitäten für Bewohner aus Landkreisen mit relativ niedrigen Inzidenzen nur ohne „touristische Ziele und Zwecke“ möglich seien. Nun, am Parkscheinautomat in Carlsfeld flatterte der Hinweis, man solle sein Vorhaben „überdenken“, die Loipe als Nicht-Einheimischer zu befahren.  Strenggenommen ist die Kammloipe ein touristisches Angebot, doch Langlauf ohne Loipe schließt sich praktisch aus, wenn man nicht auf unerwartete Hindernisse stoßen möchte. Ein gesunder Sportsgeist braucht die Tour, ohne dass Tourismus daraus werden muss! Auch der mdr drückte sich auf seiner bereits erwähnten Nachrichtenseite am 19.02. unklar zum “Kamm” aus:

Langläufer aus Nordsachsen, Mittelsachsen oder Meißen könnten im Erzgebirge Ski fahren. Aber Achtung: Wenn sie die Kammloipe bis zum Vogtland fahren, dort wurde der Bewegungsradius nicht gelockert. Nur Einheimische aus der nahen Umgebung dürfen den Kamm nutzen.

Zu viel Nachsinnen führt hier garantiert nicht weiter! Bald werden Auslegungen von derlei Einschränkungen der Vergangenheit angehören. Ich freue mich schon darauf, einmal die Kammloipe unbeschwert nicht allein zu befahren, sondern mit einem Gefährten oder einer Gefährtin. Wenn die äußeren Bedingungen passen, wird es garantiert ein wunderschöner Tag. Oder werden gleich zwei daraus? Und wie wäre es mit einem abendlichen wärmespendenden Thermenbesuch?

Die Homepage kammloipe.de hält alle wesentlichen Informationen vor.

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  1. Cindy

    Danke für die vielen schönen Eindrücke. Auch, wenn ich nicht direkt dabei sein konnte, so fühle ich mich, als wäre ich irgendwie doch dabei gewesen.

    Ich freue mich schon darauf, dieses Stück Natur gemeinsam mit dir zu erkunden…

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