Künstlernamen sind oft auf den ersten Blick einfach zu merken, und doch einfach wieder zu vergessen. Bei Gisbert zu Knyphausen ist es genau umgekehrt: Sein Name ist sicher schwer zu merken, jedoch im Nachhinein auch wieder schwer zu vergessen. Der Singer-Songwriter aus Wiesbaden, der in der Langversion Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen heißt, tourt im Sommer 2019 mit seinem neuen Album Das Licht dieser Welt durch Deutschland. Live sah ich ihn Ende Juli mit zwei Kolleginnen in Jena auf der Festivalbühne vor dem Theaterhaus.  Das Cover des Albums, das aufgrund einer „Lieferpanne“ an dem Abend nicht verfügbar war, strahlt eine Ruhe aus, die fast ein wenig unheimlich wirkt: Ein Luftschiff zieht durch das Bild, schwerelos, geräuschlos. Immerhin ergatterte ich einen Stoffbeutel mit einem phantastischen Luftschiff und einem Autogramm darauf.

Stoffbeutel mit Gisbert zu Knyphausens Luftschiff

In der Tat: Der Lärmpegel bei Gisbert zu Knyphausen erreicht selten grenzwertige Höhen. Dass auch dieses Konzert pünktlich aufgrund behördlicher Anordnung um 22 Uhr beendet sein muss, kann man verstehen, da Reglements für alle oder für keinen gelten müssen. Doch eigentlich würde Knyphausen  mit seinem Album keinem den Schlaf rauben, sondern eher in einen (Lebens-)Traum überführen.

Nun, der Abend war trotz unverhofft leichter Schauerneigung kurzweilig. Der Künstler hält mit seinen intellektuellen Texten ein wenig Distanz zu großen Emotionen. Stattdessen klingen Textwelten nach, die an dem Abend mit bis zu sechs unterschiedlichen Gitarren und dezenten Trompetenstößen vorgetragen wurden, öfter im Pianissimo, seltener als kurzer Ausbruch, meist zum Ende der Lieder. Diese Tonwelten sind insgesamt zu komplex, als dass sie zu Ohrwürmern werden; der Hit bzw. Schlager hat hier keine Chance. Mitsingen oder Mitgrölen ist kaum möglich; zumindest scheint das Publikum keine eingeschworene Fangemeinde zu sein. Statt mich als Fan zu bekunden, erweise ich lieber Respekt vor den Texten, die eine Art Wortmeisterschaft bilden:

Du wirfst dich hinein in das Licht dieser Welt.
Dann fängst du an zu schrei‘n, es kommt ein Mensch, der dich hält.
Und die Liebe, die du spürst, wirst du nie wieder verlier’n.
Sie ist für dich da, bis der Vorhang fällt.

Kaum ist die Nabelschnur ab, schon steh‘n wir alle auf dem Schlauch.
Das Chaos ist hier ist unendlich, doch die Liebe ist es auch.
Nur deine Tränen sind es nicht, sie verändern nur die Sicht.
Auf das was du brauchst, und das was nicht.

Gisbert zu Knyphausen: Das Licht dieser Welt

Das Wunder der Geburt und der Liebe wird im Lied Das Licht dieser Welt besungen; in keiner Weise rührselig, sondern authentisch. Tränen, Geschrei, Chaos; keine Kindheit kommt ohne sie aus. Und warum soll das Erwachsenensein diese Phänomene beiseite legen? Sie gehören zum Leben einfach dazu. Gisbert zu Knyphausen besingt einfach nur das Leben, mit den Emotionen, die dazugehören. Emotional für die Zuschauer.

Tourdaten gibt es auf der Homepage.

Das Lied Das Licht dieser Welt, das auch den Abspann des Films Timm Thaler oder das verkaufte Leben vertont, gibt es zum Beispiel auf einer Deutschlernerseite zu hören.

Das Album Das Licht dieser Welt lässt sich gut bei jpc bestellen.