Der Notiz-Blog, der sich gewaschen hat

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Kunterbunte Episoden aus Schriftstücken, die mich beschäftigen und mitunter auch faszinieren. Unerhörtes, Unglaubliches; einfach nur zum Staunen.

Wahrhaftig verlogen – Über das Lügenmuseum in Radebeul

Wer sich auf einen Besuch des Lügenmuseums einlässt, der schließt von Beginn an einen Pakt mit der Lüge. Er verinnerlicht sie quasi, denn zur Begrüßung wird dem Besucher vom Museumsleiter Reinhard Zabka „Lügentee“ nach einem vermeintlichen Rezept der heiligen Hildegard von Bingen serviert. So ein Unfug, gerade zusammen mit einem Reim, der aus einem Schwank stammen könnte! Da fehlte nur noch eine bühnenreife Vertonung.

Untergebracht in einem ehemaligen Gasthof kann einen das Museum eigentlich kalt lassen. Denn das Inventar ist ein zusammengestoppeltes Sammelsurium, wo es mal scheppert und quietscht und mal ruhig ist, je nach Art des Ausstellungsstücks. Es dürfte klar sein, dass man es mit keinerlei Kunstwerken (oder in moderner Diktion vielleicht doch??) zu tun hat. Man bekommt lediglich vorgeführt, wie man Fake produzieren kann. Zum Glück habe ich wenig für das Gezeigte übrig, da es mich nicht in den Bann ziehen kann. Manchmal scheint bei einem Objekt eine gewisse verlogene Ideologie durch, mal sind es nur Bezüge auf Künstler und historische Figuren, denen man einfach nicht glauben kann und mag. Es sind sozusagen Anekdoten, die vom Wahrheitsgehalt her sowieso halbseiden sind, um es mal gewagt auszudrücken. Neben den Objekten sind auch die Worte zusammengeschustert, bis die Schwarte kracht.

Am Ende des Besuchs kommt es zu einer unerhörten Begebenheit. Bei der Betrachtung eines wohl authentischen DDR-Comics für Grundschüler mit dem prägnanten Titel „In Lügenwerda“ taucht auf einmal auf der Glasplatte das Sandmännchen auf. Ich kann es nicht fassen! Denn ich kann die Figur nicht leicht in der Realität lokalisieren:

Lügenwerda
In Lügenwerda – DDR-Ferienlektüre (ohne Jahr)

Es hat den Anschein einer fragwürdigen Spiegelung, die natürlich nichts mit einer Fata Morgana zu tun hat. Auch eine Installation kann es nicht sein. Ich werde im wahrsten Sinne des Wortes während der Betrachtung einer putzigen DDR-Ferienlektüre von einer wahrhaftigen Figur des DDR-Fernsehens heimgesucht, die ich so überhaupt nicht leibhaftig erlebt habe.  Was ist denn da bloß passiert? Für mich ist dieses Erlebnis zweifelsohne der Höhepunkt einer dünnen Ausbeute. Liegt es daran, dass ich mich im Museumsabschnitt „Kathedrale des Sozialismus“ befinde und in weltlicher Manier auf eine andere Lebensstufe erhöht werde? Im Nachgang muss ich natürlich schmunzeln, denn die Sätze „Jaqueline badete mit einem Meerschweinchen“ und „Achim unterhält sich mit einem Ohrwurm“ im Rücken des Sandmännchens würde ich gerne eines Tages auch mal einem Kind vorlesen und dabei auf die heiter verlogenen Comic-Bildchen zeigen. Hier werden tatsächlich sprachlich-spielerisch Lüge und Wahrheit so dargestellt, dass verständlich wird, warum bereits simple Sätze Fiktion und damit Erfindung und Lüge enthalten. Eine Welt ohne Lüge ist einfach undenkbar. Das Lügenmuseum tischt das gehörig auf: Es hat alles den Anschein von Junk Food, von dem man eigentlich die Finger lassen sollte. Geringe Dosen davon können der Seele hin und wieder guttun. Der „Lügenwerda“-Comic mit der Sandmännchen-Erscheinung erzählt im wahrsten Sinne des Wortes davon.

Und wer sich jetzt weiterbilden möchte, dem sei das Hygiene-Museum in Dresden mit seiner neuen Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ sehr empfohlen. Und wer so wie ich mal wirklich Grund zum Lästern haben möchte, der möge doch unbedingt vor den Toren der Barockstadt das Lügenmuseum im Radebeuler Ortsteil Serkowitz aufsuchen.  Auf der Homepage gibt es auch einen halbstündigen Film von Marco Borowski zur Entstehung des Museums. Auf der Seite „So geht sächsisch“ ist das Museum übrigens auch aufgeführt. Zum Schluss sei noch ein Online-Artikel aus der Sächsischen Zeitung über Reinhard Zabkas künstlerisches Anliegen und ein aktueller Artikel zur Zukunft des Museums in Radebeul empfohlen.

Programmierte Partnerschaft – Über den Film „Ich bin Dein Mensch“

Kaum ist man als Bahnreisender in der Gegenwart Berlins am Hauptbahnhof eingetroffen, kann man wenige Hundert Meter entfernt gleich in die Zukunft einsteigen – und zwar im Futurium, dem kostenlos zugänglichen Informationsort zu unserer Gesellschaft von morgen, das sich laut Homepage wahrhaftig als das „Haus der Zukünfte“ bezeichnet.

Dazu liefert der 2021 herausgekommene und bereits mit vier Lolas prämierte Film Ich bin Dein Mensch passendes Begleitmaterial. Maria Schrader hat überzeugend Regie geführt und die Protagonisten Alma (Maren Eggert) und Tom (Dan Stevens) glänzend in Szene gesetzt: Einerseits die etwas spröde wirkende Alma als Anthropologin im Pergamonmuseum, andererseits den humanoiden Roboter Tom, der, so sagt es das Drehbuch, auf den ersten Blick wie ein „Arme Leute Travolta“ daherkommt. Auf Bitten von Roger, einem Universitätsdekan, der als Mitglied einer Ethik-Kommission über das Wesen von künstlichen Kreaturen berichten soll, nimmt Alma an einer Studie teil, die das mehrwöchige Zusammenleben mit einer solchen Kreatur testen soll. Als Dankeschön dafür stehen dann Forschungsgelder für sie in Aussicht. Die nicht mehr allzu fern erscheinende Zukunft wird im Film buchstäblich durchgespielt.

Die erste Begegnung findet in einem „Berliner Tanzlokal aus der Nachkriegszeit“ statt. Die Mitarbeiterin der Firma Terrareca (aalglatt gespielt von Sandra Hüller) weiht Alma in den noch nicht ganz zuverlässig handelnden Roboter ein, den sie auch als Produkt vermarktet.   

Sie glauben nicht, wie kompliziert es ist, einen Flirt zu programmieren. Eine falsche Bewegung, ein falscher Blick, ein unbedachtes Wort, schon ist die ganze Romantik dahin, oder etwa nicht?

Im Interieur der Firma ist es leuchtend weiß: Zusammen mit dem Slogan „Dreams are our reality“, wird von Beginn an die mit Argwohn zu betrachtende traumhafte Wirklichkeit mit ganz besonderen ästhetischen Kameraeinstellungen konstruiert:

Terrareca ("Ich bin Dein Mensch")
In der Firma “Terrareca” (Screenshot aus: Ich bin Dein Mensch, Regie: Maria Schrader, Letterbox Filmproduktion, 2021, 5’55”)

Die Mitarbeiterin vermeidet jegliche Romantisierung der Testsituation:

Ich weiß, dass Sie das alles mit einer gewissen emotionalen Distanz betrachten, und als Testperson sollen Sie das auch. Ich kann Ihnen aber nur empfehlen, sich auf diese Erfahrung ganz einzulassen. (…) Morgen ist es soweit.  Dann ist alles konfiguriert und Sie können Tom mit nach Hause nehmen.

Alma nimmt gegenüber ihrem Vorgesetzten das zukunftsträchtige Wort „mindfiles“ in den Mund, mit denen die Roboter gefüttert werden, damit sie überhaupt adäquat auf menschliche Äußerungen reagieren oder Erklärungsversuche geben können, wenn man selbst emotional arg belastet ist. Das ist dann der Fall, als Alma getröstet werden muss, weil eine argentinische Forscherin bereits die Forschungsfrage rund um eine antike Keilschrift, die Alma beschäftigt, beantwortet hat. Daten-Input reicht jedoch nicht aus: Jenseits davon soll auch ein Teil der Lebenswirklichkeit konstruiert werden, um mehr Gemeinsamkeit zu schaffen:

Wir empfehlen, an einer gemeinsamen Vergangenheit zu arbeiten. Eine Geschichte zu erfinden, wie man sich kennen gelernt hat. Nur wer eine Vergangenheit hat, hat auch eine Zukunft.

So kommt es, dass die beiden konstruieren, dass sie sich am Rande einer Forschungsreise in Kopenhagen kennengelernt hätten, einer Reise, die Alma noch bevorsteht. Auch werden Almas Urlaubsreisen an die dänische Ostseeküste in der Kindheit zu einem Bezugspunkt. Am Ende des Films sucht sie diesen Kindheitsort wieder auf, nachdem Tom die Koffer gepackt hat. Ihm begegnet sie dort wundersam wieder, ohne jegliche Emotion. Denn für Alma war der Abschied vom Roboter an der Zeit:

Er ist programmiert zur Simulation einer Empfindung, aber unfähig zu einer wirklichen Empfindung.(…) Tom ist eigentlich nur eine Ausstülpung meines Ichs!

Die Betonung liegt auf dem Ich, da an der Studie verständlicherweise nur Alleinstehende teilnehmen können. Der Umgang zwischen Alma und Tom zeigt eindrucksvoll, dass ein Roboter, mag er noch nur gut konfiguriert sein, keinen wirklichen Partner ersetzen kann. Es fehlt die Reibungsfläche zwischen dem Ich und dem Anderen. Die Ausstülpung steigert sogar noch die Ich-Bezogenheit; die Wahrnehmung von Andersheit bzw. Andersartigkeit findet nicht statt. Auch wenn es keinen inhaltlichen Konflikt zwischen Alma und Tom gibt, so findet doch eine Auseinandersetzung statt, für die Tom nicht verantwortlich sein kann, sondern nur Pate steht. Eindrucksvoller als Dan Stevens als Tom kann man diese Patenschaft kaum spielen. Der Wunsch nach Romantik im Badezimmer ist einer bei Tom einprogrammierten Statistik entnommen, nach der angeblich 93% der deutschen Frauen dies so wünschen. Nach eigenen Worten gehört Alma nicht dazu (wirklich nicht??), so dass Toms Mühen, Alma zu imponieren, keine Früchte tragen:

Romantik (Screenshot aus "Ich bin Dein Mensch)
Romantik im Badezimmer (Screenshot aus: Ich bin Dein Mensch , Regie: Maria Schrader), Letterbox Filmproduktion, 2021, 29’33”)

Im Café mitten in Berlin ‚parkt’ Alma Tom, so dass er selber mitbekommt, wie sich die meisten Besucher in virtuellen Welten bewegen:

Blood Good Café (Ich bin Dein Mensch)
Im Bloody Good Café(Screenshot aus: Ich bin Dein Mensch; Regie: Maria Schrader, Letterbox Filmproduktion, 2021, 25’34”)

Am Ende erhält der Film ein seminaristisches Fazit, als Alma ihre Erfahrungswerte in einem Gutachten auf Wunsch des Dekans darlegt und sich kritisch zu Toms Spezies äußert:

Doch ist der Mensch wirklich gemacht für eine Befriedigung seiner Bedürfnisse, die per Bestellung zu haben ist? Sind gerade die unerfüllte Sehnsucht, die Phantasie und das Streben nach Glück die Quelle dessen, was uns zu Menschen macht?  Wenn wir die Humanoiden als Ehepartner zulassen, schaffen wir eine Gesellschaft der Abhängigen, satt und müde von der permanenten Erfüllung ihrer Bedürfnisse und der abrufbaren Bestätigung ihrer eigenen Person. Was wäre dann noch der Antrieb, sich mit herkömmlichen Lebewesen zu konfrontieren, sich selbst hinterfragen zu müssen, Konflikte auszuhalten, sich zu verändern?

Mit dieser Frage entlässt der Film die Zuschauer. Im Futurium kann man ihr weiter nachgehen; dort wird der Film zusammen mit seiner feinsinnigen Musik, die sehr schön den Kammerton zum Schwingen bringt, womöglich noch länger nachwirken als im heimischen Wohnzimmer. In den eigenen vier Wänden wäre eine Gestalt wie Tom eher eine gruselige Vorstellung; als distanzierterer Betreuer an Lernorten fände ich ihn deutlich besser aufgehoben.

Der Film basiert auf der Erzählung „Ich bin Dein Mensch“ von Emma Braslavsky, die im Sammelband 2029 – Geschichten von morgen erschienen ist. Der Film ist noch bis Ende Juni in der ard mediathek verfügbar und als DVD bei vielen Anbietern erhältlich. Das Drehbuch ist bei der Deutschen Filmakademie in guten Händen.

Raumzeiten: Über den “Raumfahrer” von Lukas Rietzschel

2017 sah ich im Guggenheim Museum von Bibao die Helden -Bilder von Georg Baselitz. Die verstörend dargestellten Figuren werden als vermeintliche Kriegshelden thematisiert, wodurch von allein das Heldenhafte in Frage gestellt wird. Ich nahm diese Kunst zur Kenntnis, indem ich eher oberflächlich draufschaute. Baselitz‘ Hauptwerk blieb mir somit bislang verschlossen.

Der junge sächsische Autor Lukas Rietzschel hat es mit seinem Roman Raumfahrer geschafft, mir das Baselitz-Universum ein Stück weit näherzubringen. Auch Kunsthistoriker dürften hier die eine oder andere Erkenntnis mitnehmen. Das Raumfahren hat hier nichts mit dem Weltall zu tun, sondern mit einem Dazwischen, das unterschiedliche Zeiträume und zugleich auch Raumzeiten zusammenbringt und die Figuren darin verwoben werden.

Der Roman spielt in Kamenz, östlich von Dresden, und dem Ortsteil Deutschbaselitz, nach dem Hans-Georg Kern sich Georg Baselitz benannt hat. Er tritt im Buch zusammen mit seinem Bruder Günter  auf, der in der Lausitz bleibt. Jener Günter vertraut sich mit einem Geheimnis aus der Vergangenheit seinem Pfleger Jan an, womit der Plot seinen Anfang nimmt. In seinem Privatarchiv finden sich Belege dafür, dass Jan mit der Familie Kern verbandelt ist. Wie genau, soll hier nicht verraten werden.  Der Autor bedankt sich ausdrücklich dafür, dass Günter Kern ihm authentische Dokumente zur Verfügung gestellt hat:

Er hat mir Einblicke in Akten, Briefe und Leben gegeben und dabei zugesehen und geduldet, wie ich sie arrangierte, umdichtete und nach meiner Vorstellung dramatisierte.

Man merkt dem Roman an, dass er sehr sorgfältig Materialien zusammen schichtet und natürlich auch die Ortskenntnisse des Autors mitsamt dem biografischen Hintergrund in sich aufnimmt. Das Covermotiv der Originalausgabe, von Rietzschel selbst gestaltet, zeigt eine Kulisse, die ein nicht real existierendes Nebeneinander mit jeweils zwei Fixpunkten (zwei Kirchen und zwei Laternen aus unterschiedlichen Zeiträumen und Raumzeiten) abbildet. Der mir in den Sinn gekommene Begriff Raumzeit – leider nicht als Wort gebräuchlich – ist für mich anschaulich, weil das Dreidimensionale gleichsam von der unsichtbaren Zeit geprägt wird. Sehr schön zeigt sich das in vielen Ortsbeschreibungen im Roman:

Mit der Zeit hatte sich der Asphalt, der über die Straßen aus Betonplatten gegossen worden war, mit jedem Reifen, der darüberfuhr, weiter abgetragen. Mittlerweile lagen die Platten wieder nackt da. Die Rillen dazwischen. Der Rhythmus der Straßen war zurück. Der Herzschlag. Egal, wie langsam oder schnell die Autos darüberfuhren. Auch jetzt schlug leise das Herz vor dem Block, das ewige Bum-Bum, Bum-Bum der Betonplattenrillen.

Rhythmus, undenkbar ohne Zeit, wird hier erst möglich durch einen gewissen Verfall, der in einem Zeitraum entstanden ist. Gerade in den Braunkohleabbaugebieten in der Lausitz ist die Raumzeit quasi eingeschrieben:

Senftenberg, Boxberg, Hoyerswerda, Schwarze Pumpe. Kern versuchte, diese ausgeschabte Gegend, die am Horizont begann, zu meiden. All die Löcher und Gruben, verbunden durch Förderbänder, die zu den Heizkesseln und Brikettfabriken führten, als hätte jemand Spinnenbeine auf die Landkarte gelegt.

Topographisch hat die Zivilisation Raum mitgestaltet und nicht nur genutzt. Es ist das Gegenteil einer Idylle, weil so gut wie keine Fläche unberührt scheint. Renaturierungsmaßnahmen schaffen wiederum eine neue Landschaft, wodurch sich nicht nur in der Lausitz Potential für neue Lebensformen ergibt.

Dabei stellt sich auch die Frage nach der Musealisierung von Kunst in Bezug auf einen spezifischen Ort. In Deutschbaselitz sieht Jan ein Namensschild mit der Aufschrift  Frau Koschmieder, tourist information, Baselitz museum and Deutschbaselitz history museum. Das Gespräch mit Frau Koschmieder fördert zutage, dass die Werke in der Welt sind, jedoch nicht vor Ort ausgestellt werden:

Die Idee mit dem Baselitz-Museum kommt von so ein paar jungen Leuten aus Leipzig. Die haben dem Ortsversteher einen sogenannten Maßnahmenkatalog überreicht, um die Gemeinde für Touristen interessanter zu machen. Die meinten, dass man unbedingt mit dem internationalen Aushängeschild Baselitz punkten müsste.

Heißt das, Sie haben hier gar keine Gemälde?

Ich kann Ihnen ein paar Kataloge von seinen Ausstellungen geben. New York, Paris oder Kunsthalle Meppen.

Die (internationale) Vermarktung einer Region hat durchaus etwas Aufgepfropftes, was alles andere als authentisch ist. Und doch ist es Ziel eines Tourismus, Lockmittel anzubieten, auch wenn die Kunst selber nicht locken kann. Hier zeigt sich sehr schön die Frage nach dem richtigen Weg, kulturelle Raumzeiten zu schaffen. Der Roman ist ein Zeugnis einer raffiniert durchgeführten Spurensuche, die sich dem Leser offenbart. Dabei steht ein prominenter Künstler mit seinem Bruder genauso im Vordergrund wie die Biografie des Suchenden. Jan bewegt sich physisch als „Raumfahrer“ durch die Lausitz und mental durch verschiedene erzählte Räume. Ein wunderbares Bild, das sich im Text eindrucksvoll wie ein Abzeichen bemerkbar macht. Sind wir nicht alle Raumfahrer?

Ein Video mit Lukas Rietzschel zum Buch ist genauso interessant wie eine Deutschlandfunk-Rezension. Der Roman lässt sich bei dtv bestellen. Die Zitate stehen (nach aufsteigender Seitenzahl geordnet) auf S.45, S.65, S.241, S. 282 und S. 287. Das kurze siebte Kapitel (S.46/47) widmet sich vollständig den Heldenbildern von Georg Baselitz. Die Heldenbilder waren 2016 unter anderem im Städel-Museum Frankfurt am Main zu sehen. Hierzu gibt es einem kurzen Einführungstext mit einigen biografischen Angaben zu Georg Baselitz.

Literarische Drehmomente – Über Sasha Filipenkos Roman „Der ehemalige Sohn“

Wenn in einem Roman ein Lebenslauf mit Zeitläuften (warum heißt es eigentlich nicht „Zeitläufe“ ohne diese merkwürdige „t“?) gewissermaßen verknotet wird,  dann gibt es sofort einen doppelten Boden. Das Schicksal eines Individuums wird mit dem Schicksal einer ganzen Gesellschaft in einer Parallelschau literarisch verarbeitet. Franzisk Lukitsch ist die Hauptfigur des Romans Der ehemalige Sohn von Sasha Filipenko, der letztes Jahr endlich auf Deutsch bei Diogenes erschienen ist; die Originalausgabe stammt aus dem Jahr 2014. Sein Lebenslauf wird durch zehn Jahre lang quasi angehalten: Er fällt nämlich  an einem Rockkonzertabend bei einer Massenpanik in einer U-Bahnunterführung ins Koma. Vorher – bis 1999 – genoss er in Minsk am Staatlichen Lyzeum für Künste eine Celloausbildung, danach – ab 2009 – kann er immerhin als Verkäufer von „Sanitärkeramik“ arbeiten, auch wenn er in seinem Leben etwas anderes vorhatte, als seinen Arbeitsplatz zwischen „Mischmaschinen, Waschbecken und Klomuscheln“ einzunehmen.

Anders als seine ihm fremd gewordene Mutter und sein Stiefvater, der als behandelnder Chefarzt sich wenig fürsorglich verhält, ist seine Großmutter ihm rührend zugeneigt. Die meisten Erzählungen am Krankenbett entführen den Leser in eine Welt, die gewisse Werte transportiert.  Als Übersetzerin ist sie nicht nur sprachmächtig, sondern vermittelt auch zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Tragischerweise verstirbt die „Babuschka“ drei Tage, bevor Franzisk aus dem Koma erwacht. Immerhin hinterlässt sie ihm neben Geld auch Kontaktlisten, so dass sie ihm auch nach ihrem Tod behilflich sein kann. Aus Dankbarkeit und einer gewissen Ehrfurcht besucht der genesene Enkel oft ihr Grab, um den Dialog zwischen Diesseits und Jenseits fortzuführen.  Da Franzisk auch Gasteltern in Deutschland hat und deswegen leichter als andere an ein Visum kommt, endet das Buch recht beschwingt mit einem Celloauftritt in einer deutschen „Hafenstadt, auf einer Straße nur ein paar Schritte vom Rathaus entfernt“.

Jene von Franzisk als deutsche Mama und deutschen Papa bezeichneten Gasteltern – Jürgen und Claudia – wurden in den  1990er Jahren nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl vermittelt, jedoch weniger aus humanitären, sondern vielmehr aus kommerziellen Interessen. Damals wurden für Kinder und Jugendliche „Gesundheitsferien“ im „Gesundheitsbusiness“ für mehrere Hundert Dollar verkauft, ein Vermögen für die meisten Weißrussen. Ohne Dolmetscher kann sich das Ehepaar bei ihrem zweiwöchigen (Kranken-)Besuch nicht verständigen, so dass Franzisks Großmutter ihre teils ungeschickten Äußerungen nur gefiltert aufnehmen kann. Leicht klischeehaft wird vor Ort aus deutscher Perspektive von Jürgen „die schlechte Laune“ vieler Leute und von Claudia fehlende „gute Putzmittel“ bemängelt – ein No-Go in einer ihr vertrauten „Kultur des Wäschewaschens“.  Teils aus Fürsorge, teils aus Eigennutz wird Franzisk von Jürgen als „sein Kind“ angesehen, was nicht unbedingt die Verständigung  zwischen zwei Familien fördert.  Dass humanitäre Prinzipien auch heute weniger eine Rolle spielen, macht der Autor sehr deutlich. Denn nach dem Erwachen aus dem Koma hat sich für Weißrussland wenig verändert. Franzisks Freund Stassik meint sicher zurecht:

Für die Europäer sind wir Menschen zweiter Klasse aus einem Dritte-Welt-Land. Alle sagen immer nur, man müsse uns helfen, die Tür aufmachen, wir seien so wie sie, würden uns durch nichts unterscheiden, aber sobald es um das Thema Visum geht – ziehen sie zwischen uns eine riesige Panzerglasscheibe hoch.

Ungezügelte Privatwirtschaft auf der einen Seite, mentale und politische Mauern auf der anderen Seite machen die zeitgeschichtliche Ebene als Konstanten seit Mitte der 90er Jahre aus. Vor dem Fall ins Koma wird ein Rückfall in den pränatalen Zustand beschrieben, der eben nicht nur auf Franzisk zutrifft, sondern sinnbildlich auch auf den Zustand von Belarus um die Jahrtausendwende herum:

Wie ein Baby im Mutterleib drehte es ihn wieder und wieder. Er wusste nicht mehr, wo der Boden war und wo die Decke; eine unsichtbare Nabelschnur, Rettung oder Untergang, zog ihn weiter.

Handelt es sich hier um den unkontrolliert erlebten Fall ins Unbewusste, beobachtet Franzisk in seinem Badezimmer ganz bewusst einen weiteren, deutlich längeren Drehmoment am denkwürdigen Präsidentschaftswahlabend 2010:

Während Tränen über sein Gesicht strömten, sah er zu, wie Kleidungsstücke übereinanderpurzelten und -wirbelten. Wie vorhin der nasse Schnee die Stadt füllte Schaum die Trommel an. Das runde Glas beschlug, die Maschine nahm Schwung auf und wackelte. Dann blieb sie plötzlich stehen, die Jeans und der Sweater plumpsten auf den Boden der metallenen Trommel wie auf nasse Stufen, und die Trommel dreht sich in die andere Richtung. Sensoren sorgten für die richtige Temperatur, während Franzisk die Temperatur seiner Tränen nicht steuern konnte. Die Maschine pumpte nun die Lauge ab, und der Schleudergang setzte ein. Zisk sah zu, die die nassen Kleider an die Wände gepresst wurden. Er dachte daran, dass er an diesem Tag zum Verräter geworden war und das nie mehr würde abwaschen können.

Das Davonrennen als Demonstrant gegen die herrschende Staatsgewalt, um einer Festnahme zu entgehen, bildet für den Romanhelden einen Makel. Die Kraft der politischen Bewegung kann dem Schleudergang der machtvolleren Staatsmaschine nicht standhalten.  Der Oppositionelle mag sich daher wie ein Kleidungsstück fühlen, dass im schlechten Sinne gesäubert wird, nämlich von jeglichen Bestrebungen, an Umsturzversuchen festzuhalten. Doch die Bevölkerung ließ sich nicht einschüchtern. Bei den Präsidentschaftswahlen 2006, 2010 und 2020 wuchsen die Protestaktionen an, wenn man unabhängigen Quellen glaubt: Sollen es in Minsk etwa 10000 Demonstranten im Jahr 2006 gewesen sein, gingen angeblich vier Jahre später ca. 20000 und 2020 mindestens 100000 Menschen auf die Straße.

Dass „Musik die beste Methode zur Rettung“ für Franzisk ist, stimmt am Ende versöhnlich. Im Notensystem geht es geordnet zu; dort finden keine Revolutionen statt. Am Ende haben die Töne die Sagen – mit oder ohne Worte.

Hier geht es zu einer Leseprobe auf die Homepage des Diogenes-Verlages. Die Übersetzerin hat in einem Nachwort noch einige wissenswerte Anmerkungen gemacht. Nur eine Notiz daraus: Der Name des Protagonisten „geht auf den ‚ersten belarussischen Buchdrucker’ zurück, den Universalgelehrten Francysk Lukitsch Skaryna“. Die Neue Zürcher Zeitung bietet noch einige interessante Details zum weißrussischen Autoren, der seit vielen Jahren in Sankt Petersburg lebt.

Ansichtssache: Über das Gemälde “Ländliche Idylle” von Volker Böhringer

Ende November 2021 besuchte ich endlich mal wieder das Städel-Museum in Frankfurt am Main.  Die hochkarätige Dauerausstellung wurde in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich erweitert. Ein Gemälde fiel mir besonders auf, das im Jahre 2009 erworben wurde: Es ist die Ländliche Idylle (1935) von Volker Böhringer (1912-1961). Bedauerlicherweise ist Böhringer laut dem Städel-Museum „nur noch Spezialisten ein Begriff“ und bekam erst ein Jahr vor seinem Tod eine Einzelausstellung zugesprochen, wie man der Wikipedia entnehmen kann. Insofern lohnt sich ein genauer Blick auf dieses besondere Kunstwerk:

Volker Böhringer: "Ländliche Idylle"
Volker Böhringer: “Ländliche Idylle”, Tempera auf Öl auf Pappe, 1935; Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.

Als ich am 04.01.2022 vom Kloster Engelberg aus eine vergleichbare, leider in Regenwolken gehüllte Landschaftsformation in Churfranken betrachtete, nämlich das Maintal bei Miltenberg, hat sich das Gemälde noch stärker in meiner inneren Anschauung einen Platz verschafft. Die im Bild gezeigte Idylle ist sicher nicht romantisiert, wie es die klassische Idylle vermag, und gerade deswegen ist es für mich so nahbar. Böhringer hat seine Heimat als urbar gemachte Kulturlandschaft – das Neckartal bei Esslingen – auf eine ganz besondere Weise eingefangen. Sie berührt mich wohl deswegen, weil hier keine unberührte Natur  auf mich einwirkt. Das gesamte Hügelland scheint vom Menschen heimgesucht, wobei Heimsuchung hier auf keine Katastrophen hindeutet, sondern auf den Versuch, in klaren Strukturen sich Flächen verfügbar zu machen und nichts dem Lauf der Dinge zu überlassen. Mir fällt hierzu das Stichwort „Landnahme“ ein. Selbst der blühende Boden scheint zweckgebunden, und sei es nur aus dem Grund, sich bewusst an der Schönheit der Blüten in einem definierten Bereich erfreuen zu wollen.

Die für mich sonderbare Verschmelzung zwischen surrealistischem und expressionistischem Stil lässt sich an zwei verschiedenen Blautönen festmachen: Der Himmel erinnert mich mit den rätselhaft geformten Wolken an Salvador Dalís Werk, während die dreieckigen tiefblauen Dachfensterseiten die Formsprache eines Karl Schmidt-Rottluff geradezu zitieren. Der Körperkontakt zwischen der jungen Frau mit nur angedeutetem Profil und dem verfremdet dargestellten (Nutz-) Tier – vermutlich eine Ziege – weist auf ein stillschweigendes Verständnis  im gegenseitigen Umgang hin. Diese dargestellte Harmonie lässt mich in meinem Kopf Bilder weiterer Künstler, insbesondere von Franz Marc und August Macke abrufen.

Aus einem Bruch mit dem Entstehungsjahr im Nenner und dem Buchstaben
„b“ (wahrscheinlich für „Böhringer“) im Zähler die Wurzel ziehen zu wollen ironisiert das seriöse Datieren eines Kunstwerks. Es lässt an eine vollkommen andere Zahl denken, die eben keine Zeitkonnotation mehr hätte. Der mathematisch unbestimmbare Wert ist auf einer Zeitungsseite mit dem Titel „Bote“ abgedruckt, woraus sich eine nicht zu entschlüsselnde Botschaft ergibt.

Was mich an diesem Gelände fasziniert ist das Nebeneinander von Ort und Raum.  Die Betrachterposition nimmt mehrere Dimensionen in den Blick, die auf Bewegung hinweisen. Explizit nehme ich im Bild rechtsunten Linien sowie ein Signal wahr, die mich an eine (Fahr-)Bahn denken lassen. Es herrscht deswegen keine Starre, sondern eher eine mitgedachte Dynamik in der Ruhe vor, die auf großes künstlerisches Können hinweist. Die Kombination aus milden und kräftigen Farben unterstützt diesen Gesamteindruck.

Die linke Seite des Gemäldes enthält Utensilien und Konstruktionen, die auf tradierte Praktiken hinweisen. Ihre Anordnung verrät eine gewisse Unstimmigkeit, so als ob sie ausgedient hätten. Auffallend ist, wie detailtreu die verwendeten Materialien mit ihren Strukturen gezeichnet sind. Hier werden Stilpraktiken  aus längst verflossenen Zeiten eingebracht. „Ave Maria“ können wir an einem Bildstock lesen, der mächtig gen Himmel ragt, während der Fabrikschlot perspektivisch keine besonders luftige Höhe erreicht. Althergebrachtes und Neuartiges stoßen in der Idylle aufeinander, thematisch und strukturell: In der Zusammenschau entsteht hier auf den Betrachter der Eindruck einer Disharmonie, wodurch der Begriff „Idylle“ subtil hinterfragt wird.

Ländliche Idylle belegt, wie sehr die Sinne geschärft für alte und neue Zusammenhänge geschaffen werden, die im Betrachter selbst entstehen. Eine Einladung, seinem eigenen Bildgedächtnis habhaft zu werden und es neu zu vergegenwärtigen.

In sehr guter Bildauflösung lässt sich die Ländliche Idylle noch einmal über die Digitale Sammlung des Städelmuseums betrachten. Die Galerie Valentien bietet digital weitere Gemälde von Volker Böhringer zur Ansicht an.

Herzenssache: Über einen großen Wurf in einer Redewendung

Vor einigen Wochen wurde nicht nur in der FAZ (Ausgabe vom 20.11.2021, Seite 2) der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil mit den Worten zitiert, er sei den unionsgeführten Bundesländern dankbar, dem neuen Infektionsschutzgesetz zuzustimmen, wenngleich sie „ihr Herz über die Hürden werfen mussten“. Das Herz über die Hürden werfen? Wie bitte? Ich dachte zunächst an eine frei erfundene Wendung, doch dem war natürlich nicht so. Nun, ich gebe zu, dass ich die Kombination aus „Herz“, „Hürde“ und „werfen“ nicht nur arg seltsam, sondern beim ersten Lesen auch unpassend fand. Ich dachte vorrangig an einen Leichtathletik-Wettbewerb, in dem die Disziplinen Hürdenlauf und Hammerwurf vorkommen. Meinetwegen sind die Athleten mit Herzblut dabei, so dass ich schon die einzelnen Worte zusammennageln kann. Doch die überlieferte Bedeutung erschließt sich einem dabei auf Anhieb nicht. Ich konnte dem Kontext entnehmen, dass es darum geht, sich einer Sache anzuschließen, obwohl man von ihr nicht vollkommen überzeugt ist. Ob man sagen könnte, dass damit Überzeugungen über Bord geworfen werden und man sich dabei einer Sache ergibt? Dieser vertraute Ausdruck kam mir im Nachhinein in den Sinn. Überprüft habe ich meinen Deutungsversuch zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Anschließend ging ich folgendermaßen vor: Ich rief zehn mir gut bekannte Personen an. Bei diesen Telefonaten sollte sich zeigen, dass mindestens acht von zehn Angerufenen genauso wie ich sich über diesen Ausdruck wundern und einen Kontext benötigen, um ihn sich mehr oder weniger zu erschließen. Deswegen fragte ich sie auch, was sie sich unter diesem Ausdruck vorstellten. Anstelle einer richtigen Antwort wie bei einem „Telefonjoker“ in einem Quiz hervorzuzaubern, wollte ich belegen, dass ich zu einer großen Mehrheit (mindestens 80%) gehöre, die bei diesem Ausdruck kein eindeutiges Anwendungsbeispiel kennen. Ich ging also ein gewisses Risiko ein, dass ich daneben liege….

Nun, das Ergebnis lautet, dass ich Recht hatte.  Nur eine Person hatte die Redewendung schon einmal gehört. Auf die Frage, was mit der Redewendung gemeint sein könnte, gab es – bruchstückhaft wiedergegeben – folgende Antworten:

alles in die Waagschale werfen / ein Wagnis eingehen / ein Befreiungsschlag / trotz Widrigkeiten etwas verfolgen / allen Widerständen zum Trotz agieren / sich frei machen von etwas / sich dazu zwingen, etwas Bestimmtes zu tun / sich überwinden / das Herz in die Hand nehmen / Resignation

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei den Befragten die Überzeugung vorherrscht,  trotz eines gewissen Risikos und Widerständen zu agieren, um sich danach besser zu fühlen.  Das geht in die Richtung der Redewendung „das Herz in die Hand nehmen“, die wir mehrheitlich kennen.   Nur der Begriff  „Resignation“ steht etwas abseits davon, denn hier steht das Verharren im Ist-Zustand im Vordergrund und nicht das Streben nach einem Soll-Zustand. 

Die Auflösung befindet sich im Nachschlagewerk Deutsche Idiomatik. Wörterbuch der deutschen Redewendungen im Kontext von Hans Schemann. Statt einer Definition wird ein anschauliches Anwendungsbeispiel wiedergegeben, in dem der Sinn dieser Redewendung – der Eintrag ist mit dem Zusatz „selten“ versehen – deutlich wird:

Wenn beide Seiten weiterhin kleinmütig auf ihren Vorstellungen beharren und sich von der Vergangenheit leiten lassen, wird es wohl nie zu einer Verständigung kommen. Ist es wirklich nicht möglich, dass sie ihr Herz über die Hürden werfen und alles hintanstellen, was sie trennt?

Das Agieren trotz (innerer) Widerstände trifft sicherlich auf die Bedeutung dieser Redewendung zu.  Die „Hürden“ beziehen sich weniger auf Mut oder ein Wagnis, sondern auf den konstruktiven Umgang mit unterschiedlichen Auffassungen, wofür klar artikulierte Widerstände überwunden werden müssen. Da sie nicht einfach ad acta gelegt werden können, ist das Bild eines Hindernisses zusammen mit einer Wurfaktion verständlich. Die Fortentwicklung nimmt einen positiven Ausgang, da hier das Herz nicht „über Bord geworfen“ wird, wie es oft in Zusammenhang mit Überzeugungen heißt.

Ein gutes Anwendungsbeispiel ist die politische Debatte wie in dem anfangs zitierten FAZ-Artikel. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das am 22.11. geänderte Infektionsschutzgesetz erneut am 10.12.2021 nach längerer Debatte durch das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ geändert wurde, um die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen einzuführen. Eine zusätzlich eingebaute Hürde wurde hier gemeistert, nachdem viele Monate diese Maßnahme parteiübergreifend so gut wie ausgeschlossen worden war. Frühere Überzeugungen wurden hier über Bord geworfen, weil neue Erkenntnisse andere Urteile erforderten. Herz und Verstand blieben jedoch intakt! Ob die Gesetzgebung als Maßnahmenbündel auch zu den gewünschten Zielen führt, werden wir dann im Laufe des nächstes Jahres erfahren. Sicherlich werden politisch auch 2022 viele gerade innerhalb der neuen 3-Parteien-Regierung ihr Herzen über die Hürden werden müssen.

Das Zitat aus dem Idiomatik-Band (erschienen bei de Gruyter im Jahre 2011) steht auf Seite 346.   

Der unbezahlbare Wert: Über ein “gut platziertes Trinkgeld”

Festpreise sind wir in ausgewachsenen Zivilisationen gewohnt. Wir vergleichen Angebote, Rabatte, und natürlich auch Preissteigerungen. Schnäppchenjäger sind wir bei aller Contenance doch geblieben. Hin und wieder gibt es auch hierzulande die Möglichkeit,  ein wenig zu (ver-)handeln und dabei sich noch als Sieger(in) zu fühlen. Und ganz gewiss gehört Verhandlungsgeschick zu gefragten Kompetenzen in manchen Stellenanzeigen. Der Satz „Das habe ich heute günstig geschossen!“, der (noch) nicht zu meinem aktiven Wortschatz gehört, zeigt doch den Jagdtrieb bestens!

So richtig spannend wird das so oft angesprochene Preis-Leistungs-Verhältnis jedoch erst dann, wenn es keine sichtbare Preisempfehlung gibt. Das ist genau dann der Fall, wenn eigentlich kein Geld-Leistungs-Austausch vorgesehen ist. Ich denke hier besonders an Grenzsituationen, wenn ein Geldbetrag so hoch wird, dass kein erwartbares, durchaus erwünschtes Trinkgeld mehr vorliegt, sondern ein Bestechungsgeld. Bestechung, die laut Wörterbuch der Deutschen Sprache „durch Geschenke zu einer unerlaubten Handlung verleiten“ soll, ist per se schwer feststellbar: Nicht jede Handlung lässt sich in klar in „erlaubt“ oder „unerlaubt“ einordnen; im Zweifelsfall beschäftigt sich dies Rechtsexperten. Es sind eher die Fälle, wo über eine großzügige Belohnung ein Vorhaben bzw. ein Wunsch realisiert werden muss.

Bleiben wir bei den Trinkgeldern, die Gunst und Anerkennung ausdrücken und wo keine perfiden Machenschaften dahinter stecken: Manchmal werden daraus publikationswürdige Anekdoten von seriösen Persönlichkeiten. Ein wunderbares Beispiel liefert Hans-Ulrich Gumbrecht, seines Zeichens Literaturwissenschaftler an der Stanford University. Die Textstelle findet sich in dem Essay Crowds. Das Stadion als Ritual von Intensität. Auf den Text war ich dank eines Interviews auf Deutschlandfunk Kultur gestoßen, wo die Anekdote auch genüsslich Erwähnung findet. Der Essay ist auch für all diejenigen geeignet, die sich nicht als Fußball-Fans bezeichnen würden, jedoch sich für das Phänomen der Masse interessieren und einen kulturhistorischen Streifzug zu diesem Thema mitmachen wollen.  Als Gumbrecht in Buenos Aires das legendäre Stadion La Bombonera, der Heimspielstätte des dortigen Fußballvereins Boca Juniors (die herrliche, vom Autor vorgeschlagene Übersetzung des Stadionnamens lautet „Pralinenschachtel“) besichtigen wollte, gab es diese besondere Geld-Leistung:

Zu hören, dass die letzte Stadionführung schon unterwegs sei, beunruhigte mich keinesfalls. Im Gegenteil, ich wusste, dass ein gut platziertes Trinkgeld auf eher bescheidenem Niveau ausreichen würde, mir im rechten Moment ganz allein Zugang zu den drei Tribünen zu verschaffen.

Und so kam es. An die Zahl der „Australes“ (damals die argentinisches Währung) kann ich mich nicht mehr erinnern, aber der junge Mann im dunkelblau-gelben Overall (das sind die Vereinsfarben), dem ich sie gab, nannte mich gleich „Caballero“ und aktivierte  auch sonst noch allerhand Höflichkeitsformen, an die er hörbar nicht gewohnt war. (…)

Mit einem Mal aber gingen die Lichter aus im frühabendlichen Stadion. (…) Über die nun geschlossene hohe Gittertür aus Metall zu klettern, die das Spielfeld mit den Tribünen von den Kassen, den Läden und dem Museum abtrennte, wagte ich nicht. Und warum auch? (…) Zehn Stunden allein im leeren Stadion waren eher ein erfüllter Traum als ein Alptraum und fühlten sich an, als sei ich Teil einer Geschichte geworden, als sei die Nacht meine Taufe und damit mein Eintritt in eine Gemeinschaft gewesen. Bald sah ich von weitem denselben Mann im blaugelben Overall die Gittertür aufschließen. Weder überrascht noch erschrocken wirkte er, und ich gab ihm wieder ein paar Australes. „Gracias, Caballero“.

Ein Stadionaufenthalt der ganz ungewöhnlichen Art wurde so möglich. Zugleich ein stilles Abenteuer inmitten einer lauten Metropole. Dafür lässt sich im Vorhinein kein Preis aushandeln; es braucht vielmehr Gespür für das Gegenüber, ohne jemandem anderen unrecht zu tun. Anstatt sich persönlich zu bereichern, kommt hier der ideelle Erfahrungsreichtum zum Tragen. Wer wagt, gewinnt, hier ganz ohne Risiko. Das Wagnis, eingeschlossen worden zu sein, wird zu einer Gr0ßchance, ohne dass von einem Fußballspiel die Rede ist: Die Chance zur erweiterten Wahrnehmung, die es so nur in einem Stadion gibt. Diese bietet zur rechten Zeit ein „ gut platziertes Trinkgeld“ . Der Einsatz hat sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Und anders als ein Lehrbuch ist ein Essay genau die richtige Textsorte, davon als gefühlter „Teil einer Geschichte“ zu berichten.

Der zitierte Essay (Zitat auf den Seiten 12 bis 14) ist im Klostermann Verlag erschienen. Das Interview dazu im Deutschlandfunk lässt sich hier nachhören.

Sprache auf Reisen: “Die Städte” von Andreas Maier

Es gibt Reiseliteratur und umgekehrt ebenfalls literarisches Reisen. Andreas Maier, mir aus den Medien aufgrund seiner schriftstellerischen Beschäftigung mit seiner Heimat, der Wetterau, bekannt, schildert in seinem neuen Roman Die Städte bereiste Destinationen zu unterschiedlichen Zwecken und Lebensphasen (von der Kindheit bis zu seinen Studienzeiten).  Auch hier setzt Maier mit seiner Heimat ein, indem er über seinen Erzähler Andreas autobiographische Bezüge sind unverkennbar bedeutende Veränderungen kurz beschreibt. Die einzelnen Kapitel lauten „Nürnberg, Brenner, Brixen“, „Athen“, „Biarritz“, „Oulx“, „Bangkok, Friedberg, Marrakesch“,  „Weimar“. Augenscheinlich geht es jeweils nicht nur um Städte bzw. Orte, auch wenn der erste Satz des Romans in den einleitenden Worten lautet: „Die Städte kamen sich näher.“ Dieser Auftakt ist ein Schlüssel zum Verständnis von Maiers Prosa, da es ohne die Wetterau als Bezugspunkt, die sich zwischen Bad Nauheim, Friedberg und den nördlichsten Stadtteilen Frankfurts erstreckt, dieses Buch nicht gäbe. Das Zusammenwachsen dank der Ortsumgehung (neben der Autobahn A5 und der S-Bahn-Anbindung) ist so sinnbildlich, dass Maier einem mehrbändigen Romanzyklus den Titel Ortsumgehung gegeben hat.

Womöglich wäre es sehr spannend, im Maier’schen Romankosmos die vielen Bezugspunkte zwischen heimischen und fernen Gefilden abzustecken.  Diese Relationen helfen, Lebensbewegungen zu verstehen. Beziehungen zu im geografischen Raum verteilten Menschen bilden in Die Städte den Ausgangspunkt von Reisebeschreibungen; diese geben Anlass für so manche, tendenziell freudlose Entdeckung.  Die Schilderungen sind oft nüchtern und nicht selten lakonisch. Das „Unterwegssein“, wie es auf dem Buchrücken des Suhrkamp-Bands heißt, wird zum Leitmotiv.

Zahlreiche Rezensionen beschäftigen sich mit dem Roman und seinem Kontext. Beim rbb ist abstrakt von einem „biografisches Bewegungsprofil“ die Rede, im Deutschlandfunk Kultur, wo Maier interviewt wurde,  von „Wahrnehmungs- und Zustandserkundungen“ auf „verschiedenen Entwicklungsstufen des Erzählers“. Das ist die inhaltliche Seite, doch wird hier wie im WDR-Bericht auch über die Sprache gesprochen. „Sprachfindung“ als „Lebensrettung“ ist die Formulierung hier (Deutschlandfunk Kultur), „Geburt des Ich-Erzählers aus dem Geist der Sprache“ dort (WDR). Wenn hier auch noch ein gewisser Zauber in einem transkulturellen Kontext zum Tragen kommt, dann verschwindet die Bewegung an einen fremden Ort hinter der Bewegung der Dinge. Sprache bringt Welt im wahrsten Sinne des Wortes zum Vorschein und entfaltet sie, indem sie mehrere Dinge aufrufen und in einen geradezu faszinierenden Kontext stellen kann. Folgendes Zitat könnte gut in einen kommunikations-wissenschaftlichen Reader aufgenommen werden:

Ich bestellte einen Ouzo (unwahrscheinlich, dass ich je vorher Ouzo getrunken hatte, aber ich wusste, man trank das als Grieche). Der Mann stellte mir mit Bewegungen, die ich ungewöhnlich elegant fand und die ich höchstens mit den Bewegungen gewisser italienischer Kellner vergleichen konnte, ein Glas vor mich, goß Ouzo hinein, dann nahm er eine Karaffe, füllte sie unter einen Wasserhahn, gab Eiswürfel hinzu, steckte in die Karaffe einen Löffel und kredenzte das ebenfalls. Es sah aus wie eine Zeremonie: Ich hatte das Wort Ouzo genannt, und plötzlich, in einem bestimmten Ritual, kamen all diese Gegenstände in eingeübter Reihenfolge auf den Tisch. Ich war beeindruckt, dass ich der Urheber eines solchen Brimboriums sein konnte. Nun aber holte der Barkeeper hinter seinem Tresen auch noch ein Schälchen mit Oliven hervor, stellte es auf eine Papierserviette, die er vor mir postierte, und daneben noch ein Gefäß mit Zahnstochern und ein weiteres Schälchen, offenbar für die Kerne und die benutzten Stocher. Meine Ein-Wort-Bestellung hatte also wie von Zauberhand vor mir erscheinen lassen: Glas, Ouzo, Karaffe, Wasser, Eis, Löffel, Serviette, Schälchen, Oliven, Gefäß mit Zahnstochern, zweites Schälchen. Zwölf Dinge auf ein Wort hin.

Zwei Silben sorgen dafür, dass eine kleine Genuss-Welt en miniature entsteht. Das Staunen über diese kleine Szene lässt sich genauso herauslesen wie das Stauen des Erzählers über die eigene Macht, eigens Auslöser dieses „Rituals“ gewesen zu sein.

Ich bin mir sicher, dass das Roman-Universum von Andreas Maier in wenigen Jahren,wenn der Romanzyklus Die Ortsumgehung abgeschlossen sein wird, mindestens eine mehrtägige Konferenz verdient hätte.  Eine Poetik der Ortsumgehung untrennbar literarisch-geografisch zu skizzieren lädt zur Spurensuche in Wort und Schrift ein, wozu Reiseziele die Staffage darstellen,  an denen man auch getrost vorbei fahren kann.

Im Suhrkamp-Verlag ist das Buch verlegt worden.

Einpendeln zwischen Kulturen

Spätestens seitdem es die Pendlerpauschale (offiziell: Entfernungspauschale) gibt, ist das Pendeln eine politisch subventionierte Tugend geworden. Die Pauschale, deren Abschaffung mal mehr, mal weniger diskutiert wurde , gilt ab dem ersten Kilometer, der zwischen Arbeits- und Wohnort liegt.  Nach der Pandemie wird das Home-Office zwar nicht ausgedient haben, doch werden sich wieder mehr (Büro-)Menschen auf ihren Arbeitsweg machen. Was anders als „Büromenschen“ zwangsläufig Fabrikarbeiter, Krankenschwestern und Reinigungskräfte  bis zu mehreren Stunden pro Tag machen müssen, kann man als enormen Kraftakt bezeichnen: Gut 19 Millionen Bundesdeutsche können sich, wenn sie Gemeindegrenzen überschreiten, als Pendler definieren, wie Der Spiegel Anfang 2020 berichtete; neulich meldete heute.de, dass deutlich mehr als 3 Millionen Bundesdeutsche über (Bundes-)Ländergrenzen pendelten, Tendenz steigend. Durchschnittlich werden dabei knapp 20 km pro Strecke zurückgelegt. Die meisten würden gerne auf solche Wege verzichten, doch 2018 hörte ich einen Manager eines mittelständigen Unternehmens bei seiner Selbstvorstellung  auf einer Forumsveranstaltung sagen,  dass er den längeren Arbeitsweg im Auto bräuchte, um sein Tagwerk zu reflektieren. Wenn man wie er aus der Stadt (Großraum Bonn) kommt und im Siegtal arbeitet, lassen sich Distanzen recht stressfrei überbrücken.

Pendeln ist ein im Alltagsdeutsch fest etablierter Begriff, den man im Englischen mit „to commute“ und im Französischen mit „se déplacer“ im Hinblick auf den (gemeinsamen) Ortswechsel übersetzen kann. Das Metaphorische des stetigen Hin und Her geht hierbei verloren. Es geht im Grunde um etwas sehr Rhythmisches: Man mag an ein Pendel denken, das in früheren Zeiten über das gleichmäßige Hin- und Herschwingen ein Uhrwerk in Gang setzte.

Neulich kam mir das Pendel als Metapher wieder deutlich in den Sinn, als ich die letzten Seiten von Deborah Feldmans Roman Überbitten las. Der spannende autobiografische Roman, der im Grunde einen Brückenschlag zwischen Feldmans alter Heimat New York und ihrer neuen Heimat Berlin und ihre Loslösung vom orthodoxen Judentum hin zu einem weltlicher geprägten Lebensstil beschreibt, ist dafür genau die richtige Grundlage. Das Pendel hat bei Feldman selbstverständlich nichts mit dem Pendeln im Arbeitskontext zu tun, sondern beschreibt einen kulturellen Annäherungs- bzw. „Aneignungsprozess“ . In der btb-Ausgabe heißt es (S. 688):

Will man den Prozess der kulturellen Aneignung verstehen, vor allem, wie er in meinem persönlichen Fall greift, dann muss man an die alte Metapher des Pendels denken. Der Raum, der zwischen zwei Kulturen besteht, ist keine klar gezogene Linie, sondern ein unbegehbarer Abgrund. Beim Prozess des Schwingens über ihm, ganz so, wie man sich vielleicht eine Art Pionier-Tarzan vorstellen mag, kommt man nicht auf der angestrebten Seite mit einem einzigen Abstoß an, sondern eher, indem man vor- und zurückschwingt, vor und zurück, mit einem stetig wachsenden Schwungmoment. Jedes Mal, wenn man weiter wegschwingt als zuvor, das heißt, die andere Seite zurückweist, ist man naturgemäß mit dem folgenden Moment näher an sie herangetrieben. Damit will ich nur sagen, dass meine instinktive und animalische Zurückweisung des Landes, das ich zugleich als mein wahres Zuhause bezeichnen möchte, ein wesentlicher Teil des Aneignungsprozesses war und bleibt. Wie meine Großmutter es mir gesagt hatte, ist die Welt in Gegensätzen erschaffen, ohne Dunkelheit würde es kein Licht geben, ohne die Kraft meiner Abstoßung gäbe es meinen Antrieb nicht.

Die für mich einleuchtende Einstellung könnte man in gewissem Maße auch für jeden geografischen Pendelvorgang ausweiten, da ja auch zwischen Unternehmenskultur und Privatleben oft scheinbar unüberbrückbare Differenzen bestehen. Nur wenn man den zu Anfang fremden Betrieb als ein Teil des Zuhause ansieht, kann man sich etwas davon aneignen, gerade wenn eine längere Betriebszugehörigkeit besteht. Man gehört also dazu, ist nicht einfach nur vor Ort. Nicht wenige verbringen werktags mehr Zeit im Betrieb als daheim und müssen den Schwung mitunter auch mit der Abstoßung verbinden. Hier allerdings lauert die Doppeldeutigkeit von „Abstoßung“, die zu Missverständnissen führen kann. Das energiereiche Abstoßen kann jedenfalls sehr schnell eine spürbare Anziehungskraft von der Gegenseite erzeugen. Das Pendel kann, wie ich finde, in Feldmans Modell auch mit einem Magnet als Kraftfeld verknüpft werden, der die Anziehung nur noch verstärken würde, wenn im Zeitverlauf eine Art Umpolung stattfindet.

Auch im Arbeitsalltag ist das Unvertraute eher anziehend, gerade wenn bestimmte Herausforderungen erwartet werden. Die physikalische Kategorie „Schwungmoment“ ist in vielen Belangen entscheidend, auch wenn die meisten Leser Physiker befragen müssten, wie sie eigentlich genau definiert ist. Jedenfalls gilt: Wer eine gewisse Schwungkraft in Annäherungsprozessen zwischen Kulturen verspürt, hat es leichter. Mit diesem Gespür pendeln und schwingen sich nämlich im günstigen Fall von allein die Dinge ein.

Hörenswert ist ein Feature vom SWR zum Pendeln (2018).

Der lesenswerte Roman von Deborah Feldman ist in deutscher Übersetzung im btb-Verlag erschienen.

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